Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Manchmal ist es ein Baby mit besonderen Schlafgewohnheiten, das seine Mutter zur Autorin macht.
Liebe Anna, Anfang 2015 erschien dein erstes Buch „Seeland“. Wie kam’s dazu?
Das war ziemlich unverhofft. Ich gehöre nicht zu denen, die schon als Kind Schriftstellerin werden wollten. Im Gegenteil. Ich bin zwar zwischen Bergen von Büchern groß geworden und habe Bücher auch schon immer geliebt, keine Frage. Aber als Kind war ich fest davon überzeugt, dass Schriftsteller grundsätzlich sehr, sehr alte Menschen sind. Auch die größte Heldin meiner Kindheit Astrid Lindgren war schließlich grauhaarig.
Letztendlich habe ich dann aber trotzdem nicht auf die grauen Haare gewartet, um ein Buch zu schreiben. Der Grund war mein erster Sohn, der sich strickt weigerte in einem Bett zu schlafen. Übermüdet schob ich ihn deshalb im Kinderwagen für seinen Mittagsschlaf durch Wind und Wetter. Auf einsamen Parkbänken, oft bei Nieselregen und neben meinem endlich schlafenden Baby, fiel mir dann wieder ein, dass ich als Kind immer nach einer bestimmten Geschichte gesucht hatte. Eine, die ich nie fand, weil sie nämlich niemand geschrieben hatte. Damals geisterten schon sehr genaue Vorstellungen in meinem Kopf herum, wie die Geschichte sein sollte. Sie musste komplett unter Wasser spielen und es sollte eine Abenteuergeschichte sein. Also fing ich auf meinen Parkbänken an, diese Geschichte weiterzuspinnen. Einmal angefangen, wollte ich nicht mehr aufhören und der Nieselregen hat natürlich prima dabei geholfen, mich in das Setting hineinzudenken.
Wie lange hat’s bis zur Veröffentlichung gedauert?
Ich habe lange an Seeland geschrieben. Auf Parkbänken und mit nur einem Mittagsschläfchen Zeit, dauert ein fast 300 Seiten Roman eine Weile. Kurz darauf kam mein zweiter Sohn auf die Welt. Außerdem war es mein allererstes Buch und ich hatte noch viel zu lernen. Es hat irgendetwas zwischen drei bis vier Jahren gedauert, bis ich das Manuskript schließlich an ein paar Literaturagenturen geschickt habe. Ab da ging es eigentlich recht schnell und ich hatte bald darauf einen Verlagsvertrag.
Was war besonders schwer, was hat dir geholfen?
Ich bin ursprünglich Grafikdesignerin und war es gewohnt, neben einer guten Gestaltung auch die Auftraggeber glücklich machen zu müssen. Ich war also an Kritik gewohnt, auch an ziemlich unfreundliche, um es auf den Punkt zu bringen. Das hat mir enorm geholfen, mir Kritik und Ablehnungen zu meinem Manuskript nicht so sehr zu Herzen zu nehmen. Ich glaube, für die Meisten von uns ist das am Anfang das Schwierigste, trotzdem weiterzuschreiben, obwohl Hinz und Kunz gesagt haben, dass …
Außerdem glaube ich sehr an das Überarbeiten eines Textes. Ich plane meine Geschichten nicht gerne durch, bevor ich anfange. Einfach, weil mir die besten Ideen direkt beim Schreiben kommen. Ich habe mir deshalb eine eher ungewöhnliche Arbeitsweise angewöhnt. Ich schreibe mein Manuskript erst einmal am Computer durch, drucke es aus und setzte es dann wie ein Puzzle neu zusammen. Ich zerschneide also die Geschichte in Schnipsel und klebe sie wieder zusammen, bis ich die richtige Streuung von Informationen und Spannung im Text habe. Das sieht für viele ungewohnt aus und lüften darf an diesen Tagen natürlich auch niemand. Aber mir hilft es, den Überblick über meinen Roman zu behalten.
Was ich schwer fand, und auch immer noch finde, ist das Warten – auf Zu- oder Absagen, auf das Lektorat, den Erscheinungstermin … Geduld ist nicht so meine Stärke, aber die braucht man leider, wenn man Bücher veröffentlichen will.
Und hast du einen Tipp für angehende AutorInnen?
Hhm, wir sind alle so unterschiedlich und jede Buchveröffentlichung ist anders. Was mir geholfen hat, war einerseits meine zähe Sturheit von meiner Buch-Idee wirklich überzeugt zu sein und gleichzeitig die Bereitschaft, Kritik konstruktiv zu nehmen. Sucht euch Testleser, sucht euch Gleichgesinnte und lest, lest, lest. Und wenn es sein muss, pfeift auch mal auf die gut gemeinten Ratschläge. Man kann es schließlich nie allen recht machen. Das Wichtigste ist: schreibt die Bücher, die ihr unbedingt schreiben wollt. Die, die in eurem Innersten solange gegen die Magenwände drücken, bis ihr sie frei lasst.
Im Sommer ist Annas zweites Buch „Mount Caravan: Die fantastische Fahrt im Nimmerzeit-Express“ bei Arena erschienen. Darum geht’s: Jake war sein Leben lang Außenseiter. Dass er jetzt noch in ein Internat für Schwererziehbare gesteckt wird, ist echt das Letzte. Doch das seltsame Mount Caravan ist nicht das, was es vorgibt zu sein. Insgeheim beschützt die Schule ein uraltes Buch, und in diesem steht nichts Geringeres als die Zukunft der Menschheit! Plötzlich ist es an Jake und seinen Freunden Ava und Finley es vor den machthungrigen Feinden der Schule zu beschützen …
Homepage der Autorin: http://anna-ruhe-btqx.squarespace.com/
Foto der Autorin: Andrea Katheder