Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Manchmal findet man den perfekten Co-Autor auf der gegenüberliegenden Seite des Büroschreibtisches.
Liebe Anne, Anfang 2008 erschien dein erstes Buch „Generation Doof“. Wie kam’s dazu?
Das war, als ich noch als Lektorin bei Bastei Lübbe gearbeitet habe. Ich fand Schreiben schon immer spannend, aber ich hätte mich nie getraut, selbst ein Manuskript einzureichen. Ich sah mich eher als Texthebamme – jemand, der Autorinnen und Autoren berät, sie mit Ideen unterstützt und die Geburt ihres Buches so leicht wie möglich macht. Inzwischen bin ich Freiberuflerin und tue das immer noch gerne, aber das eigene Schreiben nimmt nun den größeren Teil meiner Tätigkeit ein.
Zu der Zeit, als ich von der Lektorin zur Autorin wurde, waren Sachbuch und Belletristik bei Lübbe noch nicht getrennt. Ich war also in mehreren Kernteams, sowohl in der Belletristik wie auch im Sachbuch. Genau wie der Kollege, mit dem ich zusammen in ein Büro gesetzt wurde. Wir verstanden uns auf Anhieb gut. Im Büro erzählten wir uns Schoten, die wir im Alltag erlebt oder im Fernsehen gesehen hatten. Oft ging es um die neusten Dummheiten, die Leute bei Dieter Bohlen veranstaltet hatten. Oder um die peinlichsten Spots auf YouTube, in denen sich Leute nicht entblödeten, der Welt und auch ihrem späteren potenziellen Arbeitgeber zu offenbaren, dass sie Fürze entzünden und sich ins Koma saufen können. Angesichts des PISA-Schocks besprachen wir, dass eine Sammlung der offensichtlichen Doofheit ein gutes Sachbuchthema abgeben könnte, und kamen darauf, dass Florian Illies sein Buch damals nicht „Generation Golf“, sondern „Generation Doof“ hätte nennen sollen. Den Buchtitel und unsere Idee fand die Programmleitung gleich toll – und fragte nur: „Wollt ihr das selbst schreiben, oder sollen wir dafür einen Journalisten suchen?“ Wir entschlossen uns, es zu probieren … und es machte Spaß!
Wie lange hat’s bis zur Veröffentlichung gedauert?
Da das Thema in der Luft lag, einigten wir uns mit der Programmleiterin, dass es im übernächsten Programm erscheinen sollte – und das, obwohl wir beide noch nie einen längeren Text geschrieben hatten. Verrückt, wenn man so drüber nachdenkt. Aber dass die Kollegen an uns glaubten, hat uns sehr geholfen. Und mit einem Sparringspartner ist es immer einfacher. Wir verstehen uns ausgezeichnet und haben uns schnell aufeinander eingespielt, weil wir die Herangehensweise und Ideen des jeweils anderen schätzen. Wenn man mal nicht weiter weiß, kann man mit seinem Co-Autor darüber sprechen. Und es gelingt besser, die Deadline einzuhalten, wenn man sich gegenseitig hilft, fördert, unterstützt – und natürlich auch antreibt. Nachdem wir das fertig lektorierte Manuskript von „Generation Doof“ in die Herstellung gegeben hatten, hat es übrigens noch endlos lange fünf Monate bis zum Erscheinen gedauert. Das ist die übliche Frist, um das Manuskript zu setzen, zu korrigieren und zu drucken, und das wussten wir natürlich. Aber beim Erstling ist man eben mega-ungeduldig und nervös … Toll war es dann, das fertige Buch in Händen zu halten. Ein unbeschreibliches Gefühl.
Was war besonders schwer, was hat dir geholfen?
Jedem Anfang wohnt ein Zauder (!) inne – jedenfalls bei mir! Ich tue mich leicht damit, Ideen zu entwickeln, aber schwer damit, den ersten Satz zu schreiben. Als Jugendliche und im Studium habe ich zwar Gedichte und Kurzgeschichten oder auch mal einen kurzen Artikel fürs Gratis-Stadtmagazin geschrieben – aber zum ersten Mal ein ganzes Buch? Huch! Da hilft es, wenn man einen Co-Autor an der Seite hat, der an einen glaubt und der fest davon überzeugt ist, dass das schon werden wird. Und dass ich vorher als Lektorin gearbeitet habe, hat sicher auch geholfen. Ich überarbeite meine Texte mehrmals, immer wieder mit ein bisschen Abstand. Beim ersten Buch macht man natürlich Anfängerfehler – und auch Lektoren, die Bücher schreiben, brauchen einen Lektor. Wir hatten den besten: Ruggero Leò, mit dem wir uns sehr gut verstehen und der unseren Humor teilt. Von ihm kamen viele wichtige Anregungen – und er war begeistert vom Thema, hat uns immer wieder motiviert und das Projekt perfekt begleitet. Das hat mir sehr geholfen, genau wie das Interesse und die Begeisterung, die alle anderen Kollegen im Haus für unser Buch gezeigt haben. Ich bin sehr dankbar, dass das so positiv aufgenommen wurde.
Und hast du einen Tipp für angehende AutorInnen?
Klar, sogar gleich drei:
– Lesen! Leidenschaftlich! Lange! Und so oft versuchen, Vorbilder zu kopieren, bis ihr euren eigenen Stil gefunden habt.
– Keine Angst vorm Plotten! Es ist unglaublich hilfreich, seine Handlung gut im Vorhinein zu planen – viele angehende Autorinnen und Autoren schreiben einfach drauf los und schrecken vor dem Plotten der Handlung zurück. Dabei schützt es so gut wie nichts anderes vor unliebsamen losen Fäden am Ende!
– Das Wichtigste aber ist das Überarbeiten. Den eigenen Text eine Weile liegenzulassen und dann mit einem frischen Auge noch einmal zu lesen und zu verbessern, ist das Beste, was man machen kann.
Wie man einen guten Roman plottet, auf welche Wendepunkte man vertrauen kann und wie Figurenentwicklung funktioniert – all das kann man übrigens auch an der Münchner Autorenschule lernen. Und es ist das allerwichtigste Handwerkszeug!
Im Sommer ist dein fünftes Buch „Wir Kassettenkinder“ bei Knaur erschienen. Wovon handelt es?
Nicht nur meins, sondern natürlich auch das von Stefan Bonner, meinem Co-Autor – inzwischen schon unser fünftes Buch :-) „Wir Kassettenkinder“ ist eine Liebeserklärung an die Achtzigerjahre. Wir haben es für alle geschrieben, die in den Achtzigern jung waren und dieses epochale, seltsam unbekümmerte und oft alberne Jahrzehnt noch einmal Revue passieren lassen möchten. Irgendwie fing irgendwann in jener Zeit die Zukunft an. Warum, das erklären wir im Buch. Und heute sind die Achtziger wieder sehr aktuell – im Kino laufen Remakes unserer alten Blockbuster, Depeche Mode und andere alte Helden gehen wieder auf Tour, und eine Studie hat jüngst herausgefunden, dass die Achtziger das Lieblingsjahrzehnt der Deutschen sind. Da war es höchste Zeit, einen Fluxkompensator zwischen zwei Buchdeckeln zu schreiben – und damit zurückzureisen!
Homepage der Autorin:
www.bonnerweiss.de
www.wir-kassettenkinder.de
Foto der Autorin: Uli Kreifels