Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Claudia Brendler zeigt, wie man aus dem ersten Roman den vierten macht.
Liebe Claudia, erzähl mal, wie war dein Weg zum ersten Buch?
Lang. Beinahe unglaublich lang, wenn ich jetzt zurückblicke. Ich weiß nicht, ob ich wirklich durchgehalten hätte, wenn ich damals gewusst hätte … Andererseits: Geschrieben habe ich immer, Geschichten, Gedichte, Theaterstücke, Sketche und anfangs noch planlose Romanversuche.
Den ersten fertigen Roman, eine Road-Novel, schrieb ich kurz vor dem Musikstudium , fand ihn zu schlecht und warf ihn später weg.
Nach vielen Bühnenjahren als Musik-Comedian und zahlreichen Kurzprosaveröffentlichungen in Literaturzeitschriften bekam ich mit einem literarischen Entwicklungsroman meinen ersten Agenturvertrag – der zu nichts führte. In dieser langen, quälenden Zeit, in der nichts passierte, schrieb ich die „Fette Fee“, die ungefähr acht Jahre später bei dtv erschienen ist – als mein vierter veröffentlichter Roman.
Und wie kam es dann zum ersten Buch?
Okay, jetzt muss ich heraus mit der Sprache: Über eine Agentur hörte ich, dass komische Frauenbücher gesucht würden, ganz speziell solche, die in Bayern spielten. Im Komischen kannte ich mich ja durch die Bühnentexte aus, aber ich kannte keine „Chicklit“. Das heißt, ich musste mich so schnell wie möglich ins Genre einlesen, habe mich mit deutschen, englischen und amerikanischen Chicklit-Büchern eingedeckt, gelesen, gelesen, gelesen. Und dann geschrieben. Und – Bingo. So kam es zu „Eiertanz“, 2012 bei Droemer Knaur erschienen mit allerliebstem rosafarbenem Hühnercover. Von der komischen Schiene kam ich allerdings dann drei Bücher lang nicht mehr herunter ….
Den literarischen Entwicklungsroman, der eigentlich mein erstes veröffentlichtes Buch werden sollte, schreibe ich jetzt noch einmal. Mit der Erfahrung von fünf Büchern im Rücken.
Wie lange hat es von der Idee zum fertigen Buch gedauert?
Was Eiertanz betrifft: Etwas mehr als ein Jahr. Mich ins Genre einlesen, gleichzeitig schreiben und plotten (bei mir kommt nach wie vor das Schreiben oft vor dem Plotten), nach ca 100 Seiten der Vertrag, dann relativ knapp terminiert fertiggeschrieben.
Ich habe lieber mehr Zeit für ein Buch. Aber das war auch eine Erfahrung: Als wenig lief, hatte ich alle Zeit der Welt für die Entwicklung einer Idee, dann plötzlich, mit Eiertanz und den nächsten Büchern, musste alles schnell gehen. Dafür war die ewige Vorlaufzeit gut: Es hatten sich sehr viele Ideen angesammelt, es gab und gibt reichlich Material.
Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Bei „Eiertanz“ und generell bei den Comedyromanen war es besonders schwierig, die Genreregeln nicht völlig zu unterlaufen. Frauenthemen à la „Mr. Right“ kamen mir – und kommen mir heute noch – exotisch vor, ich kann nur mit ironischem Abstand darüber schreiben.
Schwierig finde ich nach wie vor das Balancieren zwischen Tragik, Komik, E-Literatur und Unterhaltung, aber andererseits besteht mein gesamtes künstlerisches Leben aus diesen Balanceakten. Das Balancieren an sich ist nicht immer das Problem, oft ist es eher das Schubladendenken in der Branche und manchmal auch bei Lesern. Wenn ich allerdings selbst als Leserin nach Büchern stöbere, kann ich das Schubladendenken auch bei mir feststellen. So funktioniert nun mal unser Gehirn.
Deshalb macht es mich manchmal verrückt, wenn Bücher von mir mit tragikomischen und eher ernsten Inhalten auf der leichten Schiene vermarktet werden. Ich hätte als Kundin wahrscheinlich nicht zu einigen meiner Bücher gegriffen …
Geholfen hat mir mein Fundus aus der langen Zeit des Stillstands. Und die Tatsache, dass ich auch bei äußerer Stagnation nie aufgehört habe zu üben. Mentoren und Mentorinnen aus den verschiedensten Literaturbereichen waren und sind auch sehr wichtig.
Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende Autoren?
Nicht aufgeben. Viel lesen. Den Horizont erweitern. Immer an der eigenen Sprache arbeiten.
Es klingt absurd, aber mir sind schon viele angehende AutoInnen im U-Bereich begegnet, denen die Sprache nur als Transportmittel für den Plot gilt. Allerdings besteht Literatur nun mal aus Sprache … Auch und gerade im Unterhaltungsbereich haben AutorInnen, die sprachlich kreativ, präzise, fundiert und originell sind, meines Erachtens und meiner Erfahrung nach die besten Chancen.
Im April 2016 erscheint Claudias fünfter Roman, eine Road-Novel oder eher Rad-Novel unter dem Pseudonym Leonie Faber. Darum geht’s:
Eine Frau. Ein Fahrrad. Und die Suche nach dem Jetzt.
Die Journalistin Josefine, 52 und frisch verlassen, soll erfolgreiche Aussteiger interviewen. Um dabei die Erfahrung der Langsamkeit am eigenen Leib zu spüren, bricht sie an einem glutheißen Julitag mit dem Fahrrad zu ihren Interviewpartnern auf. Lonesome Cowgirl Josefine, unterwegs auf ihrem silberfarbenen Citybike, um das Jetzt zu erobern! Doch das Jetzt besteht vor allem aus sengender Sonne, plötzlich aufragenden Bergen, Gegenwind und quälendem Muskelkater. Erst langsam lernt Josefine, anzunehmen, was kommt, und Übergepäck in jeder Form abzuwerfen. Die wirkliche Herausforderung wartet allerdings noch auf sie – an einem abgelegenen Fjord in Norwegen. Ein Weg, der sie an ihre Grenzen führt und vielleicht auch darüber hinaus.
Foto der Autorin: Oliver Kraus