Friedhelm Z. aus Grafing schreibt uns:
Liebe Münchner Schreibakademie, ich liebe es zu schreiben, vor allem Dialoge und Actionszenen, in denen viel passiert. Kein Wunder, ich arbeite an einem Thriller! Meine Testleser monierten aber, sie wüssten nicht, wie die Orte aussehen, an denen die Geschichte spielt. Ich hasse Landschaftsbeschreibungen, sollte ich vielleicht lieber auf Drehbuch umsatteln, schließlich fängt da die Kamera alles ein und ich muss es nicht ewig beschreiben?
Vielen Dank für diese interessante Frage. Um es vorwegzunehmen, ob Sie im Drehbuch besser aufgehoben sind, können wir zwar nicht beantworten, aber was die Landschaft angeht, da hätten wir ein paar Anregungen. Natürlich liest in einem Thriller kein Mensch ausufernde Landschaftsbeschreibungen, Sonnenauf- und untergänge, oder?
Äh – nein! Das stimmt so nicht.
Vielmehr ist es wichtig, dass das Setting, die Umgebung, in der die Geschichte stattfindet, tatsächlich eine Rolle spielt – auch im Thriller! Und zwar im Bezug zur erzählten Story. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Umgebung aus Sicht der handelnden Figuren beschrieben wird. Damit wird die vermeintlich neutrale Umgebung zu einer wichtigen Facette, die mir nicht nur etwas über den Handlungsort erzählt, sondern auch über die Figur selbst und ihre Beziehung zu diesem Ort.
Eine ganz einfache Übung: Schildern Sie in verschiedenen Varianten, wie die Protagonistin über eine Brücke geht. Mal hat sie gerade erfahren, dass ihr Mann ermordet wurde, mal hat sie im Lotto gewonnen, mal ist die Brücke der Treffpunkt, an dem sie ihr entführtes Kind zurückbekommen soll, mal der Platz, an dem sie ihre große Liebe zum letzten Mal gesehen hat, bevor sie sich gegen diese Liebe und für die Rückkehr zu ihrer Familie entschieden hat. Es ist stets die gleiche Brücke, aber sie wird immer anders gesehen und genau darin liegt die Kunst der Landschaftsbeschreibung. Irgendwelche Berge haben nichts in Ihrem Thriller verloren, aber Berge, die in Bezug zum Helden, der Flucht, der Aufgabe, des Scheiterns stehen, sehr wohl. Wenn Sie sich die Mühe machen, diese Berge dann entsprechend zu skizzieren, werden Ihre Leser Ihnen gerne folgen – und Ihre Geschichte wird noch plastischer und nachvollziehbarer.
Zum intensiverem Studium empfehlen wir:
Mary Buckham: A Writer’s Guide to Active Setting: How to Enhance Your Fiction with More Descriptive, Dynamic Settings , Writers Digest, North Light, 2016
Wer beim Planen oder Schreiben nicht weiterkommt, darf uns gerne kontaktieren – wir werden Ihre Probleme stellvertretend vorstellen und knackige Sofort-Hilfe-Tipps geben (wenn möglich mit Buchempfehlungen zum Vertiefen des Themas). Fragen bitte schicken an: schreib@münchner-schreibakademie.de