Weg mit der Trendschielerei!

Andrea F. aus Füssen schreibt uns:
Liebe Münchner Schreibakademie, ich arbeite seit zwei Jahren an einer Dystopie für Erwachsene und bin schon ziemlich weit. In einer Schreibgruppe bei Facebook habe ich jetzt gehört, Dystopien wären gerade total out und man sollte besser auf andere Trends setzen, denn nur so hätte man bei Verlagen überhaupt eine Chance. Ist das wahr? Kann ich also meine Dystopie gleich in die Tonne treten?

Vielen Dank für Ihre Frage, die ein Thema aufgreift, das viele Schreibanfänger umtreibt. Zunächst einmal sind Schreibgruppen im Internet eine sehr gute Idee, um sich Unterstützung zu holen. Die kann man ja wirklich brauchen, wenn man so lange an einem Herzensprojekt arbeitet.
Leider kommen dort jedoch manchmal  Theorien auf, die so einfach nicht zu halten sind!

Man kann ganz klar sagen: auf Trends hin zu schreiben ist  keine gute Idee! Denn erstens ist der Trend zu dem Zeitpunkt, an dem Sie Ihren Roman fertig haben werden, womöglich nur noch Schnee von gestern. Zweitens – und dieser Punkt ist sehr viel wichtiger – geht mit der Trendschielerei genau das verloren, was Ihren Roman einzigartig machen wird! Denn es ist Ihre Sicht auf die Welt, Ihre Persönlichkeit, Ihre Sprache, Ihre Figuren, Ihr Plot. Sie schreiben Ihre Geschichte, weil sie Sie bewegt, umtreibt – weil sie aus Ihrem inneren Bedürfnis kommt, genau diese Geschichte zu schreiben. Einem Trend hinterherzuhecheln, widerspricht dem völlig. Wenn Sie diesem nur folgen, weil Sie damit Erfolg wittern, wird Ihre Geschichte wie von außen aufgepfropft wirken und die Herzen Ihrer LeserInnen nicht erreichen.
Es mag sein, dass ein Trend – wie zum Beispiel aktuell  heiter-besinnliche Inselromane – Ihrer inneren Schreibmotivation entspricht oder Sie für dieses Genre frisch Feuer fangen können, aber ein Trend allein macht noch keinen einzigartigen Roman.

Eine heiter besinnliche Inseldystopie allerdings, also wenn man darüber mal so nachdenkt, na die könnte vielleicht wirklich … aber dann sind Sie keinem Trend gefolgt, sondern selbst Trendsetter geworden. :-)

Wer beim Planen oder Schreiben nicht weiterkommt, darf uns gerne kontaktieren – wir werden Ihre Probleme stellvertretend vorstellen und knackige Sofort-Hilfe-Tipps geben (wenn möglich mit Buchempfehlungen zum Vertiefen des Themas). Fragen bitte schicken an: schreib@münchner-schreibakademie.de

 

Wer braucht schon eine Schreibakademie?

Thomas B. aus Baldham schreibt uns:
Liebe Münchner Schreibakademie, ich habe neulich Ihre Coachingsprechstunde auf Facebook entdeckt, in einer Autorengruppe. Das hat mich geärgert, denn ich glaube nicht an Schreibtipps von Akademien. Vielmehr denke ich, dass Schreibakademien den Leuten nur das Geld aus der Tasche ziehen. Wer schreiben will, braucht nichts von all diesem Kram, wenn man kein Talent und kein Gespür für Geschichten hat, sollte man es besser bleiben lassen!

Vielen Dank für Ihre Frage, die wir gut nachvollziehen können. Leider gibt es auf diesem Gebiet sehr viele selbsternannte Schreibgurus und unseriöse Angebote, die einem den einzig wahren Weg zum garantierten Superbestseller versprechen oder die ultimative Art, einen Roman zu schreiben, anbieten, etc., etc..

Natürlich hat niemand – auch keine Akademie der Welt – wirklich den Weg zum Bestseller anzubieten oder gar den zu Literaturpreisen – aber das hat auch kein Verlag. Was man allerdings durchaus lernen kann, ist das Handwerk des Schreibens: Wie baut man eine Szene auf? Was ist eine dreidimensionale Figur? Wo kommt der Höhepunkt hin? Wie funktioniert Konflikt?

Ob man dabei dann sklavisch seine Wendepunkte bestimmt ( und wehe, der erste kommt nicht nach 25 % des Textes!) sich mit der Prämisse beschäftigt (ohne die ist ja sowieso alles nix!), prinzipiell nur der Heldenreise folgt (alles andere ist nämlich echt krass oberflächlich!) – ist dann völlig egal, wichtig ist nur, sich damit zu befassen.

Man kann Plotten für ein satanisches Ritual von geistig Minderbemittelten halten und dafür lieber die Figuren-Archetypen herunterbeten. Man kann den Midpoint zum heiligen Gral erheben oder ihn als lächerliche Idee von Fernsehproduzenten abtun. Ob und wie man diese Techniken anwendet, ist ein zweiter Schritt. Zuerst gilt es, handwerkliche Fähigkeiten auszubilden und dazu gehört zum Beispiel der korrekte Gebrauch von Rechtschreibung und Grammatik, natürlich klingende Dialoge zu formulieren oder die Verwendung von Bildern, Vergleichen und Metaphern, die man gut beherrschen sollte, wenn man für eine Öffentlichkeit schreiben möchte.

Darauf aufbauend sollte man sich mit Dramaturgie befassen – viele machen das aus dem Bauch heraus richtig. Aber ganz oft kommt man mit dem Roman nicht weiter und bei näherem Hinsehen liegt der Hund dann eben doch in der dramaturgischen Sickergrube begraben. Erst wenn man all diese Techniken beherrscht, kann man sie sinnvoll und für sich selbst passend nutzen, neue Formen entwickeln und mit Erwartungen spielen.

Unser Credo ist immer: Solange du in deinem Text gut vorankommst, vergiss die Schreibtipps. Aber wenn du ins Stocken gerätst, nicht weiter weißt oder gar alles hinschmeißen willst – dann ist es gut, Handwerkszeug parat zu haben, mit dem man weiterarbeiten kann. Und wir schwören: Wir kennen keine/n AutorIn, die oder der ein Buch in einem Rutsch einfach so durchschreibt.

Nicht jeder braucht zur Vermittlung dieser Techniken Seminare an einer Schreibakademie. Manchen genügt die Lektüre von Büchern – von Schreibratgebern, die wir hier auch reichlich empfehlen, oder einfach von Belletristik, die man selbst analysiert, um auf die Geheimnisse des guten Erzählens zu stoßen. Arbeit muss man sich allemal machen, wenn man eine Geschichte so erzählen will, dass die LeserInnen begierig umblättern.
Allerdings ist es gerade für Anfänger schwer, den Transfer vom Schreibratgeber zum eigenen Stoff zu machen und genau darin unterstützen wir unsere TeilnehmerInnen. Bei uns kann nachgehakt werden, wir können andere Beispiele bringen und durch gezieltes Nachfragen, Aha-Erlebnisse befördern. Viele empfinden auch den Austausch im Real life mit anderen AutorInnen als hilfreich. Denn der Input von Außen kann einen zu Ideen führen, die man selbst nie hätte.  Aber schreiben muss man es dann schon selbst. Ganz allein.

Wer beim Planen oder Schreiben nicht weiterkommt, darf uns gerne kontaktieren – wir werden Ihre Probleme stellvertretend vorstellen und knackige Sofort-Hilfe-Tipps geben (wenn möglich mit Buchempfehlungen zum Vertiefen des Themas). Fragen bitte schicken an: schreib@münchner-schreibakademie.de

 

 

Hilfe! Ich brauche einen Masterplan!

Julia K. aus Salzburg schreibt uns:

Liebe Münchner Schreibakademie, wahrscheinlich ist das eine ganz blöde Frage: Ich weiß genau wie der Anfang und das Ende meines Romans gestrickt sind, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das Dazwischen meistern soll. Gibt es so etwas wie den genialen Masterplan?

Vielen Dank für Ihre Frage, die uns ein von Herzen kommendes „Leider nicht!“ entlockt hat. Nach unseren Erfahrungen als Romanautoren und als Seminarleiterinnen haben wir festgestellt, dass für jede AutorIn etwas anderes DER Masterplan zum eigenen Roman ist.

Man unterscheidet ganz grob Plotter und Pantser. Plotter, das sind die Autorinnen, die ihren Plot outlinen, also: durchplanen und dann erst losschreiben – wie z.B. Suzanne Collins bei „Die Tribute von Panem“. Die anderen bleiben geduldig auf ihren Pants, also den Hosen, sitzen wie Stephen King. Sie schreiben sich einmal durch die Geschichte, die dann erst in einem ausführlichen Überarbeitungsprozess ihre endgültige Form bekommt. Dann gibt es noch Bojenschreiber: Sie schreiben erst alle Szenen, die ihnen am Herzen liegen, das sind dann die Bojen, und danach verbinden sie dann die Geschichte mit all den Szenen, die noch fehlen.

Aber ganz generell kann man sagen, dass es für Anfänger sinnvoll ist, zu planen, das heißt, sich mit Plot und Dramaturgie zu befassen, also mit den Meilensteinen, die einen Plot voranbringen. Die wichtigsten sind: Das auslösende Ereignis, der erste und zweite Wendepunkt, der Midpoint und am Ende die Climax.
Und selbst wenn sich diese Meilensteine beim Schreiben verändern, ist es trotzdem sehr hilfreich, vorher darüber nachzudenken. Oft ist man verblüfft, wo einen das hinführt und welche weiteren Ideen sich dadurch ergeben! Versuchen Sie also am besten verschiedene Methoden aus – googeln Sie doch mal nach der „Schneeflockenmethode“ oder der „Schreib-Matrix“ – und entscheiden Sie sich für die, mit der Sie am weitesten kommen – vielleicht ist es auch eine vollkommen neue und andere Chaosmethode, die nur zu Ihnen passt! Wir würden uns freuen, wenn Sie uns berichten, was Ihnen wirklich geholfen hat. Vielen Dank!

Heute haben wir gleich mehrere Buchtipps:

Sehr lesenswert für Pantser – aber auch für jeden anderen Autor, denn das Buch unterscheidet sich erfrischend von vielen anderen, immer gleichen Ratgebern: Story Trumps Structure von Steven James, Ohio 2014
Für Plotter gibt es viele Bücher, aktuell und aufs wesentliche reduziert: Take off your pants von Libbie Hawker, San Juan County, 2015
Und für begeisterte Strukturalisten empfehlen wir: Story Engineering von Larry Brooks, Cincinnati, 2011

Wer beim Planen oder Schreiben nicht weiterkommt, darf uns gerne kontaktieren – wir werden Ihre Probleme stellvertretend vorstellen und knackige Sofort-Hilfe-Tipps geben (wenn möglich mit Buchempfehlungen zum Vertiefen des Themas). Fragen bitte schicken an: schreib@münchner-schreibakademie.de