Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Geduld ist das Mindeste, was man mitbringen sollte. Und die Erkenntnis, dass es mit Handwerkszeug besser geht. So wie bei Inge Löhnig
Liebe Inge, wir sind neugierig: wie kam’s zu Deinem ersten Buch?
Schreiben wollte ich eigentlich schon immer. Meine Schulaufsätze waren unter meinen Lehrern legendär und irgendwann – so mit sechzehn oder siebzehn – habe ich tatsächlich begonnen, einen Liebesroman in ein Schulheft zu schreiben. Warum ich aufgegeben habe, kann ich aus heutiger Sicht nur vermuten. Ich nehme an, mir fehlte damals schon, was mir fünfundzwanzig Jahre später noch immer fehlte: Das Handwerk fürs Schreiben. Erzähltalent alleine genügt meiner Meinung nach nicht. Aber das sieht sicher jeder anders.
Den eigentlichen Anstoß gab ein Roman, der zwar hoch gelobt wurde, mich aber enttäuschte und auf die hochmütige Idee brachte, dass ich das auch könnte und zwar besser. Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall. Der kam nach zweihundert drauflosgeschriebenen Seiten. Ich hatte ein herrliches Durcheinander aus Erzählsträngen und Perspektiven angerichtet und musste erkennen, dass es mir nie gelingen würde, all das zu einem schlüssigen Ende zu bringen. Und gerade bei einem Krimi ist das schon ziemlich katastrophal.
Wie lange hat es von der Idee bis zum fertigen Buch, sprich die Veröffentlichung in einem Verlag gedauert?
Meinen ersten Roman „Der Sünde Sold“ wollte ich eigentlich gar nicht veröffentlichen. Nach dem Zweihundertseitendesaster habe ich meinen hochmütigen Plan aufgegeben und mir ein neues Ziel gesetzt: Gelingt es mir, einen Roman zu schreiben, den ich gerne lesen würde?
Ich habe Dühnforts ersten Fall tatsächlich nur für mich geschrieben und das hat fünf Jahre gedauert. In dieser Zeit habe ich Fachbücher übers Schreiben, über Figurenentwicklung und Dramaturgie gelesen und habe zwei Workshops im Münchener Literaturhaus besucht. Für Krimiautoren und solche, die es werden wollen. Dabei habe ich übrigens Bettina Brömme kennengelernt. *winkt mal rüber.
Nachdem das erste Manuskript fertig war, habe ich gleich mit dem zweiten weitergemacht. Mir macht das Schreiben einfach höllisch Spaß. Und für diesen zweiten Roman habe ich mir eine Agentin gesucht. Während eines Telefonats habe ich ihr vom Erstling erzählt, der in der Schublade schlummerte. Sie wollte ihn lesen, fand ihn toll und hat ihn angeboten. So ist Dühnfort bei Ullstein untergekommen. Danach hat es aber noch anderthalb Jahre bis zur Veröffentlichung gedauert. Da war Dühnforts zweiter Fall schon fertig und ich habe gleich – ohne Vertrag – mit dem nächsten weitergemacht, weil mich das Thema richtiggehend angesprungen und nicht mehr losgelassen hat.
Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Das größte Problem war tatsächlich das fehlende Handwerk. Ich bin seit jeher ein strukturiert arbeitender Mensch. Mir fehlte das Wissen, wie ich meine Ideen, Figuren und deren Handlungen am besten sortiere, um den Überblick zu behalten und vor allem, um einen Spannungsbogen aufzuziehen, der den Namen auch verdient. Und ich wollte natürlich möglichst viele meiner Ideen unterbringen, ohne, dass am Schluss ein paar losen Enden herumflatterten.
Geholfen hat mir der erste Workshop im Literaturhaus. Ohne ihn hätte ich es nicht geschafft, meinen ersten Roman jemals fertig zu bringen.
Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Ich habe ja gleich mit einem Roman losgelegt. Das ist schon eine große Herausforderung, wenn man vorher noch nie geschrieben hat. Man braucht Disziplin und darf sich nicht entmutigen lassen, wobei genau das ständig passiert. Mir ging es jedenfalls so. Permanent am Rande des Scheiterns. In diesen fünf Jahren, die ich für meinen Erstling gebraucht habe, habe ich überhaupt erst gelernt, wie man einen Roman schreibt.
Daher mein Rat an alle, die es mit dem Schreiben versuchen wollen: Beginnt mit Kurzgeschichten. Dafür muss man lebendige Figuren entwickeln, interessante Dialoge hinbekommen und sich einen Plot samt Spannungsbogen überlegen. Alles genau wie bei einem Roman, aber man sieht den Erfolg schneller.
Vielen Dank, liebe Inge! Mit „Nun ruhet sanft“ (List) erschien im Mai Inge Löhnigs zwölfter Roman, der siebte in der Kommissar-Dühnfort-Reihe. Darum geht’s:
Ein Mann tötet seine Frau und seine Kinder. Kommissar Konstantin Dühnfort ist erschüttert. Wie kann ein Vater zu einer solch grausamen Tat fähig sein?Der Fall trifft Dühnfort persönlich. Gerade hat Gina ihm offenbart, dass sie schwanger ist. Es fällt ihm daher schwer, mit kühlem Kopf an diesen Fall heranzugehen. Kurz nach dem Mord taucht der Familienvater plötzlich am Tatort auf. Mit einem Strauß roter Rosen für seine Frau. Steht er tatsächlich unter Schock, oder ist er ein guter Schauspieler? Ist der Vater wirklich der Schuldige?
Foto der Autorin: Frank Bauer