Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Besessenheit ist nicht das Schlechteste, um voranzukommen, hat Rebecca Gablé erfahren.
Liebe Rebecca, was war der Grund für dein erstes Buch?
Die Lust am Erzählen. Man könnte auch Schreibsucht sagen. Ich war Mitte zwanzig, als ich mit dem Manuskript begann. Zu dem Zeitpunkt hatte ich schon einige erzählerische Gehversuche und Fehlschläge hinter mir und irgendwie das Gefühl: Dieses Mal wird es anders, du bist so weit. Über Genres habe ich mir damals keine Gedanken gemacht, aber ich wollte einen Spannungsroman schreiben. Dann begegnete mir in meinem beruflichen Umfeld – ich war damals Bankangestellte – ein authentischer Fall, der mich auf die Idee für einen Thriller-Plot brachte. Also habe ich mich hingesetzt und den Roman geschrieben, aus dem dann Jagdfieber wurde.
Zum historischen Roman kam ich erst zwei Bücher später. Inzwischen hatte ich den Bankjob geschmissen und ein Literaturstudium begonnen, in dem es mich irgendwie zum Schwerpunkt mittelalterliche englische Literatur verschlagen hatte. Ich war völlig fasziniert von dieser fremdartigen Welt und fand sie sehr inspirierend. Ich glaube, das ist immer eine gute Voraussetzung, um sich auf so ein – manchmal beängstigend – großes Projekt wie einen Roman einzulassen: Je besessener man von seinem Thema ist, desto besser.
Wie lange hat es von der Idee bis zur Veröffentlichung in einem Verlag gedauert?
Bei meinem Erstling acht Jahre. Zwei davon habe ich für die Fertigstellung des Manuskripts gebraucht, wobei „fertig“ natürlich ein relativer Begriff ist. Was mir fertig vorkam, war viel zu lang, ein unlesbares Hybrid aus Kriminalroman und experimentellem Erfahrungs-Selbstfindungs-Dingsda und obendrein in England angesiedelt. Im Verlauf der fünfjährigen Verlagssuche, die dann folgte, habe ich es ständig verändert, überarbeitet, gestrafft, in einen einigermaßen stringenten Thriller verwandelt und in den Schwarzwald verpflanzt, weil in den gefühlten 100 Absagen, die ich bekam, manchmal erwähnt wurde, deutsche Autoren könnten keine Romane schreiben, die in England spielen (was natürlich völliger Quatsch ist).
Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Ich habe die Verlagssuche als sehr schwierig und belastend empfunden. Das lag zum einen sicher daran, dass ich versucht habe, ein „Work in Progress“ unterzubringen. Anfang der 90er gab es aber auch nur wenige Möglichkeiten, sich über das Schreiben, Verlage etc. zu informieren oder mit anderen auszutauschen, weil das Internet als öffentlicher Raum noch nicht existierte. Geholfen haben mir die Kommentare meiner Testleser (obwohl oft zu behutsam und wohlmeinend), der Austausch und das Feedback der Schreibgruppe, zu der ich damals gehörte, die aus Lyrik-, Prosa- und Sachtext-Amateuren bunt zusammengewürfelt und wunderbar unprätentiös war, und die seltenen Perlen unter den Absagebriefen von Verlagen, die keine Textbausteine enthielten, sondern die ehrliche und meist sehr konstruktive Kritik des Lektors/der Lektorin, der/die mein unverlangt eingesandtes Manuskript auf den Schreibtisch bekommen hatte.
Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Es gibt keinen Königsweg zum Erfolg, glaube ich. Aber natürlich sind die Möglichkeiten, sich zu vernetzen und zu professionalisieren, viel besser geworden. Die sollte man unbedingt nutzen, denn auch wenn es auf den ersten Blick nicht so offensichtlich ist: Dies ist ein hartes und von Konkurrenz geprägtes Geschäft. (Und ich wähle das Wort „Geschäft“ durchaus mit Bedacht). Man kann sein Manuskript gar nicht oft genug überarbeiten, das gilt nicht nur, aber ganz besonders für Erstlinge. Ein dickes Fell schadet keinesfalls, denn der Weg ist steinig. Andererseits: Nach meiner Erfahrung schaffen es letzten Endes die meisten derer, die es wirklich, wirklich wollen, ihr Buch zu schreiben und zu publizieren. Erfolg hat in diesem Fall auch viel mit Hartnäckigkeit und Durchhaltevermögen zu tun.
Schon ihr Erstling „Jagdfieber“ wurde für den Glauser-Krimi-Preis nominiert, für „Die Hüter der Rose“ erhielt sie den „Sir Walter Scott“-Preis. Neben zahlreichen Krimis und Historischen Romanen hat sie auch ein Sachbuch über das englische Mittelalter geschrieben. Im September 2015 erschien mit „Der Palast der Meere“ Band 5 ihrer erfolgreichen „Waringham“-Saga. Darum geht’s:
London 1560: Als Spionin der Krone fällt Eleanor of Waringham im Konflikt zwischen der protestantischen Königin Elizabeth I. und der katholischen Schottin Mary Stewart eine gefährliche Aufgabe zu. Ihr fünfzehnjähriger Bruder Isaac soll unterdessen das Erbe des Hauses Waringham antreten. Aber Isaac flieht und schleicht sich als blinder Passagier auf ein Schiff. Nach seiner Entdeckung nimmt ihn der junge Matrose Francis Drake unter seine Fittiche, doch bei einem Stopp auf der Insel Teneriffa verkauft Kapitän und Freibeuter John Hawkins ihn als Sklaven an spanische Pflanzer. Erst nach zwei Jahren kommt Isaac wieder frei – unter der Bedingung, dass er erneut in Hawkins‘ Dienst tritt. Zu spät merkt Isaac, dass Hawkins sich als Sklavenhändler betätigt – und dass sein Weg noch lange nicht zurück nach England führt …
Foto der Autorin: Olivier Favre