Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend, aber eines ist klar: Ohne Durchhaltevermögen hätte es niemand geschafft. Heute erzählt Sylvia Englert, auch als Katja Brandis bekannt, welche Umwege sie ging, bis das erste Buch erschien. Viel Spaß!
Was war der Anlass, wie kam es dazu, dass du dein erstes Buch geschrieben hast?
Ich hatte als Jugendliche schon sehr, sehr viel geschrieben, meine Schublade quoll über vor Manuskripten (ich glaube, es waren etwa 15 komplette Jugendromane). Keins davon hat jemals das Licht der Verlagswelt erblickt. Dann sah ich, mittlerweile Studentin, den Aushang am Schwarzen Brett meines Instituts. Hohlbein-Preis, Ueberreuter Verlag. Aha. Fantasy-Manuskript für Jugendliche gesucht. Einsendeschluss Herbst. Schaff ich locker, dachte ich gut gelaunt, immerhin ist es erst Sommer. Ganze vier Jahre und viele Zweifel, Plot-Sackgassen und Überarbeitungen später hatte ich das Manuskript fertig. Längst hatte irgendjemand anders den Hohlbein-Preis gewonnen. Das machte nichts. Es hatte einen Höllenspaß gemacht, mir eine eigene Welt auszudenken, eigenartige Wesen zu erfinden und meine Figuren in die übelsten Schwierigkeiten zu bringen. Herausgekommen ist mein erster später veröffentlichter Roman „Der Verrat der Feuer-Gilde“.
Wie hat das Buch einen Verlag gefunden?
Für alle Fälle schickte ich mein Fantasy-Manuskript trotzdem mal zum Ueberreuter Verlag. Keine Antwort. Also gleich noch fünf andere Verlage angeschrieben. Einige Absagen – und eine Zusage! Ein mittelgroßer Verlag wollte das Manuskript bringen. Nur wurde er leider wenig später von einem Konzern aufgekauft und brachte fortan nur noch Kinderbücher. Dumm gelaufen.
Anruf beim Ueberreuter Verlag. Schon reingeschaut ins Manuskript? „Leider noch nicht. Machen wir aber in den nächsten Wochen.“Monate später hatte ich immer noch nichts gehört. Keiner wollte meine Romane drucken. Wieso schrieb ich überhaupt noch? Kurzgeschichten gingen noch, aber Romane, nein, dafür hatte ich nicht mehr die Kraft. Es schien so sinnlos. Die Schublade war sowieso schon voll, bis zum Rand und darüber hinaus.
Dann – ein Jahr später – ein seltsamer Anruf. „Was ist jetzt mit dem Termin auf der Buchmesse?“ – „Wie, was, Buchmesse?“ Ich war völlig verwirrt. Es stellte sich heraus, die Zusage des Ueberreuter Verlages an meine alte, inzwischen inaktive Mailadresse gegangen war (schließlich war es ein Jahr her, dass ich meinen Roman eingeschickt hatte). Zum Glück hatte sich meine Telefonnummer nicht geändert, und ich erfuhr, dass die Lektorin endlich, endlich in mein Manuskript hineingelesen hatte und der Verlag mir ein Angebot machen wollte. Juchhu! Feuerwerk! Sekt für alle! Im Jahr 2002 erschien mein erster Roman Der Verrat der Feuer-Gilde und fand viele junge Leser (sowieso ein paar nicht so junge, denen es ebenfalls gefiel).
Was hat dir am meisten geholfen bzw. was waren die größten Hindernisse auf dem Weg zum fertigen Buch?
Ich hatte eine Menge Hilfe, ich habe den entstehenden Roman zu großen Teilen in meiner damaligen Autorengruppe vorgelesen und sehr wertvolle Tipps bekommen. Das kann ich also nur jedem empfehlen! Und ein Lektor (nicht meine spätere Lektorin, die hat nur die Rechtschreibung korrigiert, und das nicht mal gründlich) hat mir gesagt, dass das Manuskript noch einen richtigen Showdown brauche, bisher sei das letzte Drittel noch zu lahm. Das habe ich prompt umgesetzt und es hat sicher dazu beigetragen, dass der Roman den Lesern gefallen hat. Das größte Hindernis war, dass die Verlage so unendlich lange für die Antwort brauchten, das war sehr demotivierend.
….und noch ein kleiner Tipp für angehende Romanautoren?
Wenn man an einem Roman arbeitet, sollte man dranbleiben, damit der Faden nicht reißt. Ich empfehle, sich mindestens einen Abend in der Woche Zeit für seine Geschichte zu nehmen. Noch besser ist natürlich, eine Seite pro Tag zu schreiben. Viele denken, sie schaffen es auf keinen Fall, einen so dicken Roman zu schreiben – aber mit einer Seite pro Tag ist man im Jahr schon bei 365 Seiten und damit wahrscheinlich fertig!
Die Ausdauer hat sich gelohnt – Sylvia hat inzwischen unglaubliche 53 Bücher veröffentlicht, das aktuelle „Floaters“ ist ihr 19. Jugendroman.
Darum geht’s bei Floaters:
Piraten, die damit Geld machen, Umweltaktivisten, die nicht nur dem Müll trotzen: Katja Brandis aufwühlender Roman über die Bedrohung unseres Ökosystems. 2030, mitten im Pazifik: Ein gigantischer Teppich aus Plastikmüll. Der Milliardär Benjamin Lesser will diesen Müllstrudel recyceln. Mit an Bord seines Spezialschiffes sind die Zwillinge Danilo und Malika. Doch »Floaters« und andere Müll-Piraten haben längst begonnen, die Abfälle auszubeuten und verteidigen gewaltsam ihr Revier. Lessers Schiff wird angegriffen und die Crew auf eine alte Bohrinsel verschleppt. Unter den Entführern ist der junge Arif – er scheint Malika beschützen zu wollen. Kann sie ihm vertrauen?
Und ganz großartig: Der Verlag Beltz & Gelberg hat eine Spendenkampagne für die Ozeane ins Leben gerufen. Mehr dazu findet sich auf der Homepage
von Katja Brandis.
Wer sich für die ebenso spannenden Sachbücher von Sylvia interessiert, findet auf ihrer Sylvia-Englert-Homepage ebenfalls viel Material, zum Beispiel über ihren aktuellen Ratgeber, das sehr empfehlenswerte Handbuch für Kinder- und Jugendbuchautoren.
Foto von Sylvia Englert: Erol Gurian