Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Wie Orangensaft eine Figur zum Leben erweckt und daraus gleich eine ganze Buchreihe ensteht – das hat Ilona Einwohlt erlebt.
Liebe Ilona, erzähl uns bitte die Entstehungsgeschichte deines ersten Buches!
Um 2004, 2005 herum passierten mehrere Dinge gleichzeitig: Ich hatte eine Anti-Weihnachtsgeschichte mit einer sehr sympathischen Mädchenfigur als Beitrag für eine Anthologie geschrieben. Ich habe sie Sina genannt, weil ich zu diesem Zeitpunkt schwanger war und literweise Orangensaft getrunken habe, so dass alle Welt meinte, mein Kind müsste ValenSINA heißen. Ich habe eine Tochter zur Welt gebracht, die bis heute meine sämtlichen feministischen Ansichten, Emanzipationsgedanken und Gendertheorien auf den Prüfstand stellt und die Farbe Rosa in meinen Haushalt gebracht hat. (Sie heißt nicht Valensina). Ich habe gemerkt, dass ich trotz aller Altersringe immer noch sehr Mädchen bin und angesichts spießiger Kindergartenmütter im Berlingo und Tupperpartys im Reihenmittelhaus mit Tschibodekoration deutlich jünger und rebellischer veranlagt bin als mein alltägliches Umfeld.
Das alles führte dann zu der Idee, eine Ratgeberreihe für Mädchen in der Pubertät zu schreiben, die ein neues Konzept aufweist und nicht „nur“ Ratgeber ist, sondern die Mädchen unterhält und für diejenigen unter ihnen, die mehr wollen, Informationen bereit hält. Inhaltlich sollte es um die typischen Themen aus dem hormonverwirbelten Alltag eines Mädchens gehen, also Pickel, Schule, Eltern, Jungs … Folglich gibt es zu jedem Thema der Serie eine passende Rahmenhandlung, eine Art Beispielgeschichte, und entsprechende Infoboxen mit Tipps, Übungen oder Rezepten, die in den Text eingeschoben sind, Fakten vermitteln, den Horizont erweitern, Zusammenhänge erklären. „Mein Pickel und ich“ ist bis heute aus den Regalen viele Mädchen nicht wegzudenken.
Heute schreibe ich Kinder- und Jugendbücher für verschiedene Altersgruppen, wobei der feministisch geprägte Mädchenkram nach wie vor mein Lieblingsthema ist, egal, ob es sich dabei um ein neues Sachbuch oder einen Roman handelt.
Wie lange hat es von der Idee bis zum fertigen Buch gedauert?
„Mein Pickel und ich“ ist im Januar 2008 erschienen, zwischen Idee und Veröffentlichung lagen etwa zwei Jahre. Ich wollte zunächst nur einen Ratgeber schreiben, wir haben dann aber gemeinsam überlegt, dass eine Mischung aus Roman und Ratgeber viel zeitgemäßer und origineller ist. Ich hatte das Glück, während der Entstehungsphase sehr eng mit meiner Lektorin Kerstin Kipker und dem Arena-Verlag zusammenzuarbeiten.
Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Schreiben ist für mich eine große Freude und Leidenschaft und (fast) nie schwierig. Das Einbringen von Tipps und Ratschlägen jedoch bedarf Einfühlungsvermögen und intensive Recherche, hier musste ich sehr diszipliniert und umsichtig arbeiten, Fachleuten Fragen stellen und meine Quellen dokumentieren. Schwierig war auch der (selbstgemachte) Erfolgsdruck, weil ich unbedingt etwas Tolles, Originelles schreiben wollte. Geholfen hat mir in diesem Fall die Professionalität des Verlages, der für die Cover-Gestaltung eine Agentur eingeschaltet hat und ohne dessen Konzept die Sina-Reihe nie zu der geworden wäre, die sie heute nach über zehn erfolgreichen Bänden ist. Und natürlich das feed-back der Leserinnen, die mir in unzähligen Mails von ihren Sorgen und Nöten geschrieben haben und für die Sina so etwas wie eine beste Freundin geworden ist.
Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
So lange du etwas zu sagen hast, so lange musst du schreiben! Ausprobieren, immer wieder neu erfinden, sich weder verbiegen noch in Schubladen stecken lassen. Und konkret: Präsenz und Interesse zeigen, auf Seminaren, Buchmessen, Tagungen … in meinem Fall ist es die Kinder- und Jugendbuch-Szene, der ich durch verschiedene Aktivitäten eng verbunden bin, sei es durch die Leitung eines Workshops oder der Teilnahme an Seminaren. Ich halte den Blick über den eigenen Tellerrand für überaus wichtig.
Dutzende von Büchern später ist jetzt gerade ihr neuer Titel „Weil ich ein Mädchen bin“ erschienen. Dazu sagt die Autorin:
„Alles, was Mädchen wissen wollen“ – so der Untertitel – heißt es etwas lapidar in der Verlagssprache, tatsächlich geht es um lauter gute Antworten auf die schwierige Frage: Wie komme ich heute, 2016, als neues Mädchen in einer Gesellschaft mit immer noch vorwiegend alten, traditionellen Werten und Erwartungshaltungen klar? Schönheitskult, Medienbilder, Mädchenkrieg und Mädchenrechte sind nur ein paar Stichworte. Konkret gebe ich Tipps, Gedanken und Anregungen dazu, das Mädchen- bzw. Frauenleben selbstbewusst und gleichberechtigt zu gestalten. Ich hoffe, damit ein paar feministische Statements und Denkanstöße zu vermitteln! Das Sachbuch, das eigentlich mehr Coaching- und Essayband ist, wie ich finde, ist sehr ansprechend gestaltet und mit witzigen Illustrationen von Pe Grigio ausgestattet.
Foto der Autorin: privat
Homepage der Autorin: http://ilonaeinwohlt.de