Woche zwei des „National Novel Writing Month“ ist vorbei und wir haben bei Dorothe nachgefragt, wie es mit ihrem Roman steht. Hier ihr Bericht:
„Die Strassen abseits waren gespenstisch leer. Die Bürger der Stadt verharrten hinter ihren verschlossenen Türen. Es war, als könne man ihre Angst in den Gassen riechen. Angst und Ablehnung.“ (Tamonia 2 – das neue Zeitalter)
Ich schreibe im Zug. Ich schreibe, wenn ich nur eine Viertelstunde Zeit habe. Ich schreibe bis zur Erschöpfung in die Nacht hinein und am frühen Morgen. Schreibend lasse ich das Mittagessen bei der Arbeit ausfallen. Ich schreibe, ohne eine Ahnung zu haben, was im nächsten Abschnitt geschieht. Meine Protagonisten haben längst ein Eigenleben entwickelt, seltsame Szenen, ungewohnte Dialoge kommen mir in den Sinn. Ich haue alles in die Tasten. Sind es Zeilen, die sonst nie zustanden gekommen wären?
„The world needs your novel“ wirbt der NaNo auf seiner Homepage. Ich zweifle gerade daran. Unbeendete Dialoge und haufenweise begonnene Szenen, die im Nichts enden. Soll ich wirklich weiterschreiben?
Gerne würde ich die Geschichte ruhen lassen oder alles überarbeiten, doch mir fehlt die Zeit.
Renia, meine Protagonistin hat im ersten Band in klassischer Fantasy-Manier den Bösewicht besiegt. Nun wird sie in Tamonia gefeiert, bemerkt aber, dass die korrumpierte Gesellschaft gar nicht bereit ist, sich zu verändern. Gerne würde ich all die Intrigen, Interessen und Machtspiele, die herrschen, aufzeichnen. Dazu bräuchte ich eine ganze Wand. Nun muss ich mich auf meine Intuition verlassen und hoffen, dass ich die gezogenen Fäden hinter der Bühne richtig im Kopf behalte.
Die Leser des ersten Bandes haben mir zurückgemeldet, dass die Liebesgeschichte ein Nischendasein führe. Also nahm ich mir vor, den zweiten Band aus zwei Perspektiven zu schreiben, aus der von Renia und jener von ihrem Verehrer. Als ich zum ersten Mal aus seiner Sicht schrieb, landet Renia prompt bei ihm im Bett. Bin ich zu schnell vorwärtsgeprescht? Ich könnte die Sache etwas langsamer angehen lassen. Doch dafür müsste ich die Szene umschreiben und dafür fehlt die Zeit. Also muss ich mir etwas anderes einfallen lassen.
Ich bleibe also dran.
„Nebeljäger, dein Schicksal ist es, unbemerkt und leise aufzutreten. Dein Pfeil traf sein Ziel. Entscheide dich jetzt, sonst wirst du leise und unbemerkt untergehen.“ (Tamonia 2 – das neue Zeitalter)
Dorothe Zürcher, 1973 in Zürich geboren, ist verheiratet und unterrichtet an der Oberstufe. Sie lebt in der Schweiz und ist eine leidenschaftliche Fantasy-Liebhaberin.