Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Wenn einen das Schicksal fremder Menschen aus einem anderen Jahrhundert nicht mehr loslässt, dann ist es Zeit für eine Geschichte – hat Jens J. Kramer erfahren
Lieber Jens, erzähl uns bitte die Entstehungsgeschichte deines ersten Buches!
Ich habe bei einer Reise in Ghana, Westafrika in einem Wald einen alten Friedhof entdeckt mit überwucherten Grabsteinen. Es waren deutsche Namen darauf, alle aus dem 19. Jahrhundert, und alle sind sie jung gestorben. Das Schicksal dieser Menschen – meist Männer, einige Frauen – hat mich nicht mehr losgelassen. Ich wollte wissen, was sie in dieser damals für Weiße tödlichen Region gesucht haben. Ich sprach mit Historikern, durchforstete Bibliotheken und Archive, las handschriftliche Briefe einiger dieser Männer und Frauen. Es waren Missionare, die den „Heiden“ den „wahren Glauben“ bringen wollten – und dabei unzählige Male scheiterten. Ich erfuhr von korrupten Kolonialbeamten, dem Zusammenprall von afrikanischen und christlichen Glaubensvorstellungen, von Sklavenhändlern – weißen wie schwarzen – und lernte das ganze grausam-schöne Panoptikum dieser Epoche kennen. Schließlich kam der Moment, wo sich die Bilder, die ich in mir trug, zu einer Geschichte formten. Die ich erst zaghaft aufzuschreiben begann. Die mich dann aber packte und weiterriss.
Ich musste dieses Buch schreiben. Hätte ich damit aufgehört, wäre das ein Verrat an meinen Figuren gewesen. Sie hätten mich wie rachedurstige Nachtmahre verfolgt.
Wie lange hat es von der Idee bis zur Veröffentlichung in einem Verlag gedauert?
Vom „Zünden“ der Geschichte bis zur Veröffentlichung 5 Jahre. Davon vier Jahre Schreiben, davon wiederum ein Großteil Überarbeiten. Der Verkauf an den Verlag ging schnell, und ein Jahr später lag das Buch auf dem Tisch.
Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Eine Frage, über die ich lange nachdenken musste. Es gab natürlich viele Schwierigkeiten, aber ich habe mich als jemanden gesehen, der viel lernen muss. Der erst anfing. Und ein Anfänger weiß logischerweise wenig. Also hatte ich keine Scheu, Ratgeber zu lesen oder erfahrenere Kollegen mit Fragen zu nerven. Die größte Schwierigkeit bestand also nicht darin, etwas nicht zu wissen oder zu können. Sondern im Selbstzweifel! Kann ich das überhaupt? Ist das wirklich spannend? Was, wenn das alles nur Murks ist?
Zuspruch ist selten. Gerade beim ersten Buch begibt sich der/die angehende AutorIn auf ein Terrain, auf das ihn seine Vertrauten (FreundIn, Ehemann-, frau, Verwandte) nicht folgen können. „Was tippst’n da die ganze Zeit? – „Ja klar, ein Buch könnte ich auch schreiben.“ – „Aber vergiss deine Arbeit nicht.“ Alles keine große Hilfe. Und damit bin ich auch schon bei Punkt 4:
Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Selbstzweifel sind völlig normal. Damit kämpfen sogar erfahrene Autoren. Doch höre nie auf Menschen, die dich kleinreden wollen.
Neben historischen Romanen schreibt Jens J. Kramer gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Bestsellerautorin Nina George, unter dem Pseudonym Jean Bagnol Provence-Krimis wie „Commissaire Mazan und der blinde Engel“. Der jüngste erschien im letzten Jahr. Darum geht’s:
Es ist ein goldener September kurz vor der Weinlese in Mazan, als die von Liebeswirren gestresste Mordermittlerin Zadira Matéo um Amtshilfe gebeten wird. Eine bizarre Pariser Mordserie scheint mit den verstörenden Bildern des gerade in die Provence übergesiedelten Malers Etienne Idka zusammenzuhängen. Commissaire Mazan, der Katzenermittler, könnte Zadira helfen. Denn er kennt den „blinden Engel“ an Idkas Seite, der das Geheimnis um die rätselhaften Bildermorde entschlüsseln kann.
Homepage des Autors: http://www.jensjkramer.de/index.html
Foto des Autors: Maurice Kohl