Mein erstes Buch: Nina George

Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Nina George fand eine starke und eher ungewöhnliche Antriebsfeder, ihren Erstling zu schreiben

_UZ16853-BearbeitetLiebe Nina, was war der Grund für dein erstes Buch?
Wut. Ich war 21 Jahre, es war 1994, und ich habe mich maßlos geärgert. Und zwar über die Klischees über Frauen und Männer, die in den Medien immer zuckersüßer verbreitet wurden – Männer, die sich von Stolz, Ego und Eiern leiten lassen und den ganzen Tag nur an das Eine denken (Sex), Frauen, die nur an das Andere denken (Diäten) und ihr Gehirn nur dafür nutzen, um über ihr Aussehen nachzudenken. Auch war 1994 noch die Illusion en vogue, dass Frauen weit weniger Interesse an lustvoller Sexualität hätten, als an Ehe und Reihenhaus mit Kräuterschnecke.
Also schrieb ich Abends und am Wochenende, nach der Arbeit in der Redaktion, kleine Kolumnen, Essays und Miniaturen. Mal über die Lust der Frau auf den Fremden, mal über Männer, die am liebsten Ruhe vor dem ganzen Sexmist hätten; ich schrieb über die Macht der Bilder in den Medien, über Intelligenz als Attraktivitätsfaktor, ich schrieb meine Gedanken zu deutscher Kirche und ihrem Frauenbild, über die Macht der Emotion über die Vernunft (Lust macht blind) und darüber, wie wir uns von den Geboten unserer Großmütter und Mütter befreien müssen, um uns selbst zu finden. Am Ende hatte ich ein Buch und wusste nicht, wohin damit.

51fRttMSuGLWas war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Mir zuzutrauen, dass ich auch mit 21 sehr wohl schon etwas zu sagen gehabt habe. Geholfen hat mir die journalistische Routine, das Grundhhandwerk des (kurzen) Schreibens. Szenischer oder polemischer Einstieg, mit einer These oder einem starken Bild, von dort aus steigern und Schmerz mit Humor mischen. Immer eine eigene Meinung haben und die mit Wortwitz, aber nicht zu langen Sätzen, vertreten. Das hatte ich aus der Redaktion gelernt und konnte es so in mein Buch einfließen lassen. Die „Guten Mädchen“ waren somit eines der ersten „Erzählenden Sachbücher“ über Sexualität – aus der Sicht einer sehr jungen Frau. In Deutschland war das 1997 geradezu ein amtlicher Literatur-Skandal.
So aber trat Anne West die Schlafzimmertüren weit auf – heute gehören Bücher über weibliche Sexualität aus der Feder junger Frauen ganz selbstverständlich dazu.

Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Nein. Fünf: 1) Niemand schreibt druckreif. Glaube an die Überarbeitung. Wer nicht überarbeitet, verrät seinen Text. 2) Lesen, lesen, lesen. Schreiben kommt vom Lesen. 3) Schreiben, nicht nur nachdenken! Geschichten entwickeln sich oft erst, wenn sie geschrieben werden und der Autor die Buchstaben sieht und sie dann anfängt, hin und her zu schieben. Schreiben kommt vom Schreiben! 4) Wer beeindrucken will, verkünstelt den Text. 5) Erzähle, was Dir wichtig ist, und folge nicht dem Markt. Kein Bestseller entstand, weil er einen anderen kopierte; es sind stets die ungewohnten, unüblichen Storys. Extratipp: Es reicht nicht, gut zu sein. Versuche, gut und besonders zu sein. Das ist schwer, doch genau das ist Schriftstellerei. Wenn es einfach wäre, gäbe es keine Bücher, die uns berühren und verändern würden.

Die mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin Nina George schreibt Romane, Sachbücher, Thriller, Reportagen, Kurzgeschichten sowie Kolumnen. Ihr Roman „Das Lavendelzimmer“ stand 63 Wochen auf der SPIEGEL-Bestsellerliste, wird in 32 Sprachen übersetzt und war u.a. New York Times Top#10-Bestseller sowie #1 der Indie Bound-Liste der USA. Auch ihr neues Buch „Das Traumbuch“ verspricht, sehr erfolgreich zu werden. Darum geht’s:
81UwE79HvbLKönnen uns falsche Entscheidungen glücklich machen? Das Leben besteht aus der Summe stündlicher Entscheidungen. Doch welche sind richtig? Welche führen zu Glück, Liebe, Freundschaft – welche zu Verzweiflung und Einsamkeit? Mit dieser existenziellen Frage ringen die Verlegerin Eddie, der Kriegsreporter Henri und der hochsensible Teenager Sam, als Henri nach einem Unfall ins Koma fällt.

Homepage der Autorin: www.ninageorge.de
Foto der Autorin: Urban Zintel