Mein erstes Buch: Sabina Naber

Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend.

Liebe Sabina, wie kam es bei dir zum ersten Buch?
Naber-1Nach ersten literarischen Sporen als Stücke- und Liedtextschreiberin war ich Ende der Neunziger im Drehbuchbereich tätig. Und da reden bei einer Geschichte sehr, sehr viele Leute mit. Also hatte ich das Bedürfnis, mich freizuschreiben, einen Text komplett nach meinen Vorstellungen zu gestalten. Zuerst habe ich mit Kurzgeschichten herumexperimentiert, aber irgendwann war da dann die Geschichte der ermordeten Vielgeliebten und der sich in ihr spiegelnden Kommissarin, die mehr Raum benötigte. Also habe ich einen Roman begonnen, und zwar einen Kriminalroman, weil ich schon als Kind eine Affinität zu Krimis hatte. Zuerst schrieb ich heimlich, denn ich wollte nicht gehänselt werden, falls ich es nicht schaffen sollte, 300 Seiten zu füllen. Und mit dem Scheitern hatte ich gerechnet, denn ich als Bibliophile, als Verehrerin des geschriebenen Wortes, konnte mir irgendwie nicht vorstellen, mich in die Reihen meiner Formulierhelden einfügen zu dürfen.

namensvetterin-cover-300Wie lange hat es von der Idee bis zur Veröffentlichung in einem Verlag gedauert? 
Nach etwa einem Jahr – ich habe wie die meisten Debütanten neben meinem regulären Job geschrieben – war der Roman fertig. Ich habe ihn dann mehreren Freunden zum Testlesen gegeben, das hat so ungefähr zwei Monate gedauert. Die Rückmeldungen haben mir das Vertrauen gegeben, einen Verlag zu suchen. Damals gab es noch kaum Agenten, also habe ich die vier größten Verlage, die mir so eingefallen sind, angeschrieben – ein unglaublich naives Vorgehen, weil ich nicht darauf geachtet habe, ob mein Roman überhaupt zu ihrem Programm passt. Prompt kamen relativ zügig die Absagen. Doch dann wurde ich aufgrund eines Zeitungsartikels auf die Lektorin Lisa Kuppler aufmerksam, die damals – gerade noch – für den Rotbuch-Verlag gearbeitet hat. Und weil ich eben vor einer Reise nach Berlin stand, habe ich ihr frech geschrieben, sie möge sich bitte die Leseproben anschauen, wir könnten einander in den nächsten vier Tagen in Berlin treffen. Ab da ging alles sehr schnell. Wir haben einander getroffen, sie hat mich ihrem Nachfolger bei Rotbuch empfohlen, der hat das gesamte Manuskript innerhalb einer Woche gelesen, mir den Vertrag gefaxt, Lektorat, und beim nächstmöglichen Erscheinungstermin im März 2002 sah „Die Namensvetterin“ das Licht der Welt. Also alles in allem hat der ganze Prozess ungefähr zwei Jahre gedauert.

Was war besonders schwierig und was hat dir geholfen?
Das Schwierige beim ersten Roman war die Angst vor der Länge, sprich, meine Zweifel, ob mein Atem lang genug wäre. Erleichternd war, dass ich bereits sehr viel Erfahrung mit Dramaturgie und Spannungsaufbau hatte. Doch generell habe ich die Arbeit daran als sehr lustvoll in Erinnerung. Schwieriger wurde es erst beim zweiten („Schaffe ich das noch einmal?“) oder bei den weiteren, als ich immer mehr Ansprüche an meine Sprache und meinen Stil stellte.

Und hast du vielleicht noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Seit 2002 hat sich die Szene sehr geändert. Immer mehr Verlage haben von Finanzberatern die Auflage, mit jedem Buch Gewinn machen zu müssen; es hat sich das Agentensystem etabliert; Bücher liegen nur mehr kurzzeitig auf, haben sehr wenig Zeit, sich durchzusetzen; das Marketing (auch jenes des Autors) nimmt viel mehr Platz ein; die Anzahl jener, die auf den Markt drängen, hat sich unfassbar potenziert. Ich empfehle immer – abgesehen von diversen Seminaren und/oder Austauschgruppen – Folgendes: Den ersten Roman einfach schreiben. Liegenlassen. Überarbeiten. Liegenlassen. Überarbeiten. (Hart) Testlesen lassen und nochmals überarbeiten. Und dann sollte man sich gut überlegen, was man wirklich möchte: Will ich eine kleine Veröffentlichung mit ein paar hundert verkauften Büchern, wodurch ich aber sonst meine Ruhe habe und einfach meine Lust am Schreiben auslebe? Will ich es zu meinem Beruf machen und zumindest in die Mittelkategorie aufsteigen? Oder will ich einen Hype um mein Buch und meine Person mit dem Rattenschwanz aller Verpflichtungen hintennach? Welche von diesen Möglichkeiten passt zum Buch (hat es das Potenzial?) und zu meiner Person? Was schaffe ich? Wie sehe ich mich? Dann sollte man sich gut überlegen, welche Agentur man anspricht. Denn ist man einmal im System, kommen die „beruflichen Nebengeräusche“, wie ich sie nenne, die oft wesentlich mehr Kraft kosten als das Schreiben selbst. Und man sollte sich als Debütant klarmachen, dass man ab dem Gang in die Öffentlichkeit (sprich Agentur) lernt, lernt, lernt – hoffentlich auch, wie man trotz aller (handwerklich notwendiger) Fortbildung und gut gemeinter Ratschläge (es gibt zum Beispiel bekannte Verlage, die Romane nach Mustern verlangen; wenn man das mag, gut, wenn nicht …) authentisch bleibt.

In ihrem aktuellen Buch „Flamencopassion“, das ganz frisch erschienen und der vierte „Mayer & Katz“-Krimi ist, geht es um Folgendes:

Flamencopassion_2d_CMYK__3_Zwei nackte Leichen, zwei Tatorte und zwei Todesursachen – die eine Leiche ein Erdölspezialist aus der Oberschicht, die andere ein mittelloser Gelegenheitsarbeiter. Einzige Verbindung der Männer: Ihre Frauen sind begeisterte Flamecotänzerinnen. Hat die geheimnisvolle Esma, die provokante Underground-Flamenco-Treffen veranstaltet, etwas mit den Toten zu tun? Der Wiener Chefinspektor Karl Maria Katz und die Gruppeninspektorin Daniela Mayer ermitteln.

Foto der Autorin: Wolfgang Kalal

Homepage der Autorin: www.sabinanaber.at