Mein erstes Buch: Alice Gabathuler

Wir haben Schriftsteller-Kolleginnen und -Kollegen gefragt, wie ihr erstes Buch entstanden ist. Die Antworten sind ebenso unterschiedlich wie spannend. Manchmal ist es das Beste, gar nicht erst mit einer Veröffentlichung zu rechnen.

alice-45Liebe Alice, wie kam’s zu deinem ersten Buch?
Ich entdeckte mit 39 das Internet und damit die Schreibforen. In einem Kurzgeschichtenforum lernte ich viel über das Schreiben und eignete mir das handwerkliche Rüstzeug an, das man für das Erzählen von Geschichten – nebst Talent – braucht. Mir wurde jedoch schon bald klar, dass mich die Figuren mehr interessierten als die Geschichten. Damit war auch klar, dass ich von den Kurzgeschichten weg wollte, hin zu langen Texten, in denen ich mich so richtig mit meinen Figuren auseinandersetzen und sie über einen längeren Zeitraum begleiten konnte. Ich erfand eine Figur, Nick, und schrieb ihm eine Geschichte. Völlig ohne Plan, ohne zu wissen, was passieren würde. Mich interessierte nur eins: Was tut ein Sechzehnjähriger, der sein Leben in den Sand gesetzt hat und ohne Zukunft dasteht? Ich fand es während des Schreibens heraus. Dass es schlussendlich ein Krimi wurde, liegt daran, dass ich selber gerne Krimis und Thriller lese.

Wie lange dauerte es bis zur ersten Veröffentlichung?
IMS5559_010_Gabathuler_Blackout_EK_121024_v01.inddLange. Ich weiß nicht genau, wie lange, aber von der ersten Idee bis zur Veröffentlichung waren es wohl so um die sieben Jahre. Ich war Mutter von zwei kleinen Kindern und hatte zusammen mit einer Geschäftspartnerin eine eigene Schule. Schreiben war ein wunderbares Hobby, mehr nicht. Ich schrieb, wann ich Zeit hatte. Lernte ständig dazu. Verlor mich im Text, löschte unzählige Seiten, wurde besser, änderte, passte an, schliff und feilte. Nach rund vier Jahren hatte ich tatsächlich eine Geschichte! Damit machte ich mich ohne Illusionen auf die Verlagssuche. Aus verschiedenen Schreibforen wusste ich, dass ich praktisch keine Chance hatte. Für mich wäre das kein Elend gewesen. Ich hatte meine Geschichte, ich hatte einen guten Beruf und eine tolle Familie. Sollte es nicht klappen, würde meine Welt nicht untergehen. Meine ersten Bewerbungen bei Verlagen waren dann tatsächlich erfolglos. Eine Freundin fragte, ob ich es nicht via eine Agentur versuchen wollte. Sie empfahl mir ihren Agenten. Der strich mir erst einmal den ganzen zweiten Teil des Buches erbarmungslos zusammen und legte den Finger auf die wunden Punkte des Textes. Nie vorher und nie nachher hat jemand einen meiner Texte so gnadenlos auseinandergenommen. Aber ich habe weiter dazugelernt. Als ich den Text fertig überarbeitet hatte, nahm mich der Agent unter Vertrag (ja, erst dann). Er fand einen Verlag. Ich unterschrieb den Vertrag und musste dann noch mehr als ein Jahr auf die Veröffentlichung warten.

Was war besonders schwierig bzw. was hat dir geholfen?
Besonders schwierig war ganz lange nichts. Ich fand das alles aufregend und spannend, vor allem die Gespräche und Diskussionen in den Schreibforen. Erst das Warten auf das Buch nach dem Unterschreiben des Vertrags hat mich aufgerieben. Total. Ich habe dann in einem langen Prozess gelernt, dass man sich das Warten antrainieren muss, denn in der Buchbranche wartest du ständig auf irgendwas: auf Zu- oder Absagen von Verlagen, auf Verträge, auf lektorierte Texte, auf Veröffentlichungstermine. Heute bin ich noch einen Schritt weiter. Seit es die Möglichkeit des Self Publishing gibt, fühle ich mich viel freier und lebe nach dem Motto: Wenn kein Verlag den Text will, veröffentliche ich ihn selber.
Hast du noch einen Tipp für angehende AutorInnen?
Es gibt unzählige Schreibratgeber mit unendlich vielen Ratschlägen. Mein Tipp: Finde für dich heraus, welche für dich funktionieren und welche nicht. Und dann schreib so, wie es dir entspricht. Denn am Ende zählt nur, dass dein Text gut ist. Welchen Weg du dabei gegangen bist, ist nur für dich wichtig. Dann noch: Eigne dir eine riesige Portion Gelassenheit und Geduld an, am besten in der Kombination mit einem gesunden Humor – du wirst all das dringendst brauchen. Und erwarte nicht, vom Beruf Autor leben zu können. Die meisten können es nicht.

Mittlerweile schreibt Alice Gabathuler auch an ihrer erfolgreichen Serie „Lost Souls Ltd.“, der vierte Band erschien im Juli dieses Jahres. Darum geht’s:

Red Rage_CoverLost Souls Ltd. – So nennt sich die Untergrundorganisation um den jungen Fotografen Ayden, den kaputten Rockstar Nathan und den charmanten Verwandlungskünstler Raix. Sie alle haben als Opfer von schweren Verbrechen überlebt und dabei einen Teil ihrer Seele verloren. Nun verfolgen sie nur ein Ziel: Jugendliche in Gefahr aufzuspüren und zu versuchen, sie zu retten. Dabei kämpfen sie gegen Entführer, Mörder, das organisierte Verbrechen – und gegen die Dämonen ihrer Vergangenheit.
Ein leerer Wagen auf einer Klippe. Aydens Jacke auf dem Rücksitz, Geld und Ausweise in den Taschen. Im CD-Laufwerk steckt das dritte Album von Black Rain, der Lautstärkeregler ist voll aufgedreht. Das dazugehörige Booklet eingeklemmt unter dem Scheibenwischer, aufgeschlagen beim Text von Suicide Embrace, wie ein Abschiedsbrief. Kata und Nathan glauben nicht an Selbstmord. Und dann wird in einer Garage ein Toter gefunden. Das ist der Beginn eines Rachefeldzugs. Sein Ziel: Lost Souls Ltd. zu vernichten.

Alice Gabathuler wurde 1961 in der Schweiz geboren, ist im St. Galler Rheintal aufgewachsen und immer noch dort wohnhaft. Als Jugendliche entdeckte sie das Schreiben als Ausdrucksmittel, später setzte sie es in verschiedenen Berufen ein und um. So war sie unter anderem Radiomoderatorin, Werbetexterin und führte im Team mit ihrer Co-Partnerin fünfzehn Jahre lang eine private Sprachschule. Seit 2009 ist sie freiberufliche Autorin. Sie ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder.